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JobFabrik



Heike Pauline Grauf M.A.

SYSTEMINSASSIN



An
Robert Hutter (Anstaltsleitung)
und Iris Siebert (Personalbüroleitung)
Justizvollzugsanstalt Würzburg
Friedrich-Bergius-Ring 27
97076 Würzburg


Fon: 0931 / 250 90 281
Mobil: 0176 / 29 355 876
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Mein Vorstellungsgespräch am 2. Mai 2006 bezüglich eines 1 Euro-Jobs in der JVA Würzburg; meine E-Mail vom 5. Mai 2006

 

25. Mai 2006

 

Sehr geehrter Herr Hutter, liebe Frau Siebert,

 

nach meiner (sehr langen) Nachbesprechung mit Herrn Fuchs, Ihrem Ansprechpartner von der ARGE, und der Erwerbslosenausschußsitzung, die leider überfüllt war mit anderen Themen, sind nun noch einige Tage schweren Überdenkens ins Land  gegangen.

Der Film »We feed the world«, die Globale und die Vorstellung bei der JobFabrik haben mir noch einmal deutlich gemacht, daß ich der Versuchung nach einer interessanten Erfahrung nicht nachgeben darf – auch wenn mir Räubervater Staat dafür 120 Tropfen auf den heißen Stein mehr ins irdene Schälchen werfen würde. Das heißt: Ich dürfte nur nachgeben, wenn das Ganze in einem anderen Kontext stünde. In einem Kontext, der mein Gewissen nicht belasten würde. Und dazu ist mir eine Idee gekommen.

Lassen Sie mich bitte ein wenig weiter ausholen, damit Sie verstehen, worauf ich hinaus will.

Zumutungen wie die JobFabrik müssen ein Ende haben, und andere sogenannte Weiterbildungsmaßnahmen, besonders für sogenannte Arbeitslose, sind enorm reformbedürftig. Das ist aber natürlich nur die Spitze des Eisbergs – unter dem umweltverschmutzten Wasserspiegel ist weltweit das System Mensch völlig aus den Fugen geraten. Leider gibt es noch keine Außerirdischen, die die gesamte Menschheit in einen Knast sperren würden, obwohl dies wirklich sinnvoll wäre. Zu ihrem eigenen Schutz wohlgemerkt. Denn wenn nicht SOFORT der Kurs geändert wird, ist nicht sicher, ob sich der Mensch als Spezies in Bälde nicht selbst ausrottet. Mit dem Provokateur Nietzsche bin ich mittlerweile nach jedem Genuß einer Tagesschau der Meinung, daß es nicht schade um die selbsternannte Krone der Schöpfung wäre – mir tut nur die Erde mit ihren Erstlingsbewohnern entsetzlich leid, die der Satansbraten Homo »sapiens« mit in den Abgrund reißt.

Luther hat einmal gesagt, wenn morgen die Welt unterginge, würde er heute noch einen Apfelbaum pflanzen. Ich habe mit Luther nichts am Hut, aber diese Einstellung teile ich. Ich sehe es als meine Aufgabe in dieser Welt an, aus ethischen Gründen gegen die Zerstörung des Lebensraumes Erde anzukämpfen, auch wenn die Übermacht der Proftigierigen es zu einem hoffnungslosen Unterfangen machen würde.

Aus diesem Grund bin ich in vielen ehrenamtlichen Organisationen aktiv und arbeite ständig an eigenen Projekten. Das, worauf ich mich mittlerweile verstehe und wo ich 100 % Einsatz bringe, könnte auf den Nenner SMV-PP gebracht werden: Solidarisierung, Mobilisierung und Vernetzung – durch ein konkretes Projekt, und zwar mit absolutem Praxisbezug. Ich habe einmal gelesen, daß unsere Arbeitsgesellschaft angeblich immer projektbezogener wird – wenn es tatsächlich so wäre, wäre es  gut. Noch zu meiner Schul- und Universitätszeit war alles abstrakt und ohne jeden Projekt- oder Praxisbezug. Bei den sogenannten Weiterbildungsmaßnahmen war es in den meisten Fällen das Allergleiche. Und wenn ein Praxisbezug auftaucht, hat er zumeist weder Gemein-Sinn noch Allgemein-Nutzen.

Meine kürzliche Vermittlung an eine Einführungsveranstaltung zur JobFabrik von Kolping & Co., deren Konzept außer teils menschenverachtenden Unglaublichkeiten weder Hand noch Fuß aufweist, hatte zumindest den Nutzen, daß ich auf den Gedanken gekommen bin, Herrn Fuchs von der ARGE zu fragen, ob ich denn nicht selbst auch eine JobFabrik (allerdings zusätzlich mit Herz und Hirn) ins Leben rufen – oder selbst ein Konzept zu einer Weiterbildungsmaßnahme erstellen – könnte.

Seine Antwort war, daß ich das im Prinzip schon könnte. Dazu müßte ich jedoch die Vereinsgründung in eigener Sache vorantreiben, um den Status eines Bildungsträgers zu erhalten oder mit Bildungsträgern ins Geschäft kommen, die selber bsw. eine JobFabrik oder Vergleichbares anzubieten in der Lage wären.

Sollte ein solcher Rahmen – mit Unterstützung von ver.di, Attac, ökopax, Greenpeace, Menschen für Tierrechte, amnesty international oder ähnlichen NGO's – aufgezogen werden können, wäre es für mich sehr gut vorstellbar, mit Ihnen – der JVA Würzburg – und beispielsweise der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie (oder der bald geschlossenen Abteilung des Mainfrankentheaters) und anderen interessanten Partnern zusammen zu arbeiten.

Sie können sicher sein, daß das konkrete Projekt, das ich mir innerhalb dieses Rahmens ausdenken würde, nichts an Brisanz, Praxisbezug und Aktualität zu wünschen übrig lassen würde. Es ist noch ein weiter Weg, bis sämtliche Schwarzbuch-Firmenbosse von Adidas bis Wal-Mart nachhaltig hinter Gittern sitzen und der komplette Bundestag in der Psychiatrie – aber es gibt sehr viele kreative Zwischenschritte bis dahin.

In diesem Sinne wünsche ich uns ein zukünftiges Wiedersehen unter effektiveren Vorzeichen.


Mit aufrichtigen Grüßen und den besten Empfehlungen für eine zweifellos spannende Zusammenarbeit


Heike Pauline Grauf M.A.