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Schriftverkehr


Brief an Frau Pia Beckmann, Oberbürgermeisterin von Würzburg, vom 07.02.2005

Brief an Herrn Ole Kruse, Büro der Oberbürgermeisterin von Würzburg, vom 07.02.2005

Brief an Herrn Dr. Roland Flade, Main-Post, vom 31.08.2004

Offener Brief an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vom 21.06.2004

Offener Brief an das Kommissariat der deutschen Bischöfe vom 21.06.2004

Antrag auf Schirmherrschaft an Pia Beckmann, Oberbürgermeisterin von Würzburg, vom 13.06.2004

Antrag auf Unterstützung von BEGSTAGE an den Kultur-, Schul- und Sportreferenten von Würzburg Reiner Hartenstein vom 13.06.2004

Antrag auf VIP-Betteln an Sozialreferent Dr.Peter Motsch vom 13.06.2004

Sehr offener Brief an Radu Ferendino, IHK Würzburg, vom 25.05.2004










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT

97080 Würzburg
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Telefon. 0931 / 250 90 281
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An
Oberbürgermeisterin
Dr. Pia Beckmann
Im Rathaus
97070 Würzburg


Ihr Schreiben vom 13. Dezember 2004:

Abgewiesenes und hiermit erneut beantragtes Gespräch



                                                                                               07. Februar 2005

Sehr geehrte Frau Dr. Beckmann,


obwohl ich Sie gleich eingangs schon ein wenig korrigieren muß, möchte ich mich zunächst für Ihr Schreiben vom 13. Dezember 2004 bedanken. (Fast wäre mir das Wort »Antwort« entfahren, doch das wiederum wäre eine Lüge. Und wir wollen doch bei der Wahrheit bleiben - nicht wahr?)

Zuerst zur eben angedeuteten Korrektur - und zwar Ihrer Betreffzeile, in welcher einsam das fette Wort Bettelorden prangt. Sie müssen da irgendetwas verwechselt haben. Möglicherweise haben Sie mich mit Herrn Dr. Lenssen, der ja nicht nur auch ein Künstler ist, sondern ebenfalls die Seinen um sich versammelt, an der falschen Stelle in einen Sack gesteckt - aber es geht in meiner Anfrage in Tat und Wahrheit um einen Bettel n a r r e n orden.

Zum zweiten entspricht es, ehrlich gesagt, nicht gerade den Regeln konstruktiver Kommunikation, gestellte Fragen ohne Wimpernzucken zu übergehen, um sogleich mit einer Attacke von Gegenfragen ins Haus zu fallen. Das der Gegner in diesem Falle übrigens noch gar nicht hat - wie unser Slogan »Auch Künstler brauchen Häuser« ganz klar besagt.

Liebe Frau Dr. Beckmann, ich bin wirklich gerne bereit, alle Ihre Fragen zu beantworten - aber wir machen es doch bitteschön der Reihe nach. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst, sagt das Sprichwort, und dabei wollen wir's doch auch belassen. Zudem befinden wir uns hier auf der niederen Kommunalebene und noch nicht in der hohen Politik, wo sogenannte Vertreter des Volkes die Unart angenommen haben, gestellte Fragen grundsätzlich nicht zu beantworten. Ich kann Ihre Ambitionen verstehen - aber finden Sie wirklich, daß der Zweck die Mittel derart heiligt?

Zum dritten muß ich meiner bitteren Enttäuschung Ausdruck verleihen, was Ihre enge und oberflächliche Definition des Phänomens KUNST betrifft. Wie, Franziskus hätte NICHT um den Erhalt der Kunst gebettelt?! Mehr noch - er hat AUS dem Erhalt der Kunst gebettelt! Denn wahre Kunst ist gottbegnadete, göttliche Schöpfung, in der das Wesen, das Gott - in alttestamentarischer Sprache - nach seinem Ebenbilde schuf, den Schöpfungsakt immer wieder nachvollzieht, ja, das Göttliche in der Fleischwerdung selbst erst schafft: Zumindest als Idee. Es geht nicht primär darum, ob der Himmel auf Erden jemals geschaffen werden wird, sondern vielmehr darum, ob er vom Menschen immer wieder geschaffen werden WILL. »Jeder Mensch ist ein Künstler«, sagt Beuys - und wie recht-schaffen ist doch diese Ansicht! Jeder Mensch ist dazu berufen, das Schöpferische in sich zu entdecken und aus dieser Entdeckung seinem wahren Beruf zu folgen. Kein Teufels-Staat dieser Welt hat das Recht, einen Menschen zu einer Arbeit zu verdammen, die seinem innersten Wesen nicht entspricht. Das innerste Wesen des Menschen aber ist zur Hälfte sein nacktes, fragwürdiges, unvollendetes Leben voller hochfliegender Hoffnung, das nicht in erster Linie nach Überleben schreit, sondern vor allem doch nach Sinn und Seele, seiner andern, besseren Hälfte: Nach geglückter und glücklicher Menschwerdung also, die diesen Namen verdient. Aus keinem anderen Grunde fand die Performance »Des Künstlers neue Kleider« mit der Neu-Schaffung des Menschen aus dem urkünstlerischen Impetus deshalb unter dem Adam und Eva-Portal der Marienkapelle statt.

Vielleicht ist es Ihrer Kenntnis der Historie oder der Legende entgangen - doch eine ebensolche Neu-Schaffung des inneren Menschen in sich hat Franziskus vollzogen, als er sich - wie berichtet wird - öffentlich auf dem Marktplatz entkleidete (wo sich, nebenbei, gewöhnlich immer eine Kirche befindet!) und seinem Vater die elenden Klamotten der kapitalistischen Abhängigkeiten vor die Füße warf, um fortan zu betteln. Und dies soll kein Protest gewesen sein?! Liebe Frau Dr. Beckmann, es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie kennen sich in der Berichterstattung über das Leben des heiligen Franziskus nicht sehr gut aus - oder aber Sie interpretieren seine Entkleidung weder als Protest noch als Demonstration. Was soll es aber dann gewesen sein? Der Striptease vielleicht, den böse Zungen mir unterschieben wollten? Viel anderes bleibt nicht mehr übrig.

Zuguterletzt muß festgestellt werden, daß Sie nichts, aber auch gar nichts von dem, was sich im Kunstprojekt BEGSTAGE getan hat, begriffen haben. Vor allem nicht, wie weit die KUNST in dieser unserer begriffstutzigen Welt heruntergekommen ist, welche Begriffsabgründe sich aufgetan haben, und wer hier eigentlich um was gebettelt hat. Weit entfernt davon nämlich, um den »Erhalt der Kunst« zu betteln, wie Sie schreiben, ist offenbar geworden, daß die Kunst sich vielmehr aufgemacht hat, um den Erhalt des LEBENS zu betteln. Wer anders als das schöpferische Vermögen, das keinen falschen Stolz kennt, sondern in erweckter Wissbegier die Hände wie die Beine öffnet, wäre dazu auch imstande?

Und darum wollten und wollen die Bettelnärrinnen und Bettelnarren zuallerst nicht etwa wissen »Haste mal 'n Euro?«, sondern: »Haste mal 'n Leben?«

»Mußten Sie schon einmal um Ihr Leben betteln?« - :

DAS war und ist die Grundfrage des Bettelnarren-Projektes. Noch betteln wir, aus Not und Sachzwängen heraus, scheinbar um Geld, doch in Wahrheit betteln wir immer nur um LEBEN. Und da man sogar für die Überfahrt ins Jenseits seinen Obulus berappen muß, kann uns, die wir Unsterblichkeit erstreben, letztendlich nur daran liegen, ewig bettelarm an Geld zu bleiben oder dieses völlig überflüssige »Teufelswerk«, wie Franziskus es nannte, gänzlich abzuschaffen.

»Schluß mit der Bescheidenheit« - sagt eine neue, hoffnungsträchtige Bewegung. Und darum, Frau Dr. Beckmann, schieben Sie sich - in hoffentlich schon naher Zukunft - Ihr Geld sonstwohin. Wir wollen langfristig kein Geld.

Wir wollen eine Währungsreform.

Wir wollen LEBEN, LEBEN, LEBEN.

Ein winzigkleiner Anfang wäre die Bereitschaft zum Dialog und das Antworten auf gestellte Fragen.


Mit neuen Kunst(be)griffen, Leben inbegriffen




Heike Pauline Grauf M.A.
Künstlerin im Bettelstaat






HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT

An
Ole Kruse
Büro der Oberbürgermeisterin
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Beantragter Termin bei OB Dr. Pia Beckmann




Tagesordnungspunkte




Sehr geehrte Frau Dr. Beckmann,

im folgenden vorab - wie von Ihrem Pressesprecher Ole Kruse gewünscht - die inhaltlichen Punkte unseres beantragten Gesprächs.


1) Schirmherrschaft:

Wir akzeptieren, daß Sie den Antrag auf Schirmherrschaft über das Kunstprojekt BEGSTAGE abgelehnt haben.

a) Wir würden allerdings gerne erfahren, in welcher Weise und in welchen Punkten genau Sie sich nicht mit unserem Konzept identifizieren können - wie im ablehnenden Bescheid leider sehr unkonkret und damit nichtssagend verlautbart. Auf welche Aussagen beziehen Sie sich?
b) Was müßten wir an diesem Konzept ändern, damit Sie sich zumindest ansatzweise damit anfreunden könnten?
c) Und welches von unserem offensichtlich sehr unterschiedene Konzept steht hinter Ihren eigenen öffentlichen Auftritten als Bettlerin?

2) Unterstützung und Wahlversprechen:

Bei der BEGSTAGE-Bürgermahlzeit-Bettelaktion »BE-RUF MICH AN« am Samstag, den 28. August 2004 haben wir Sie via Megaphon mit christlich inspirierten Klingelbeuteln persönlich angebettelt. Sie haben zur Seite geblickt und nicht reagiert, woraufhin uns König Albrecht mit blumigen Worten aus einer Schatzschatulle sieben große Geldstücke überreicht hat.

a) Da diese sich untypisch verhalten (sie fallen in Stücke auseinander), möchten wir sie bei Ihnen reklamieren und hoffen auf gebrauchsfähigen Ersatz. (Sicher ist König Albrecht da ein Versehen unterlaufen.)

b) Außerdem würden wir gerne wissen, warum Sie - als selbsternannte »Bürgermeisterin für alle« (Zitat) - auf einen nicht unbotmäßigen Kommunikationsversuch hin nicht mit uns sprechen.

3) Hilfe zur Selbsthilfe:

Die Stadt Würzburg unterhält ein Selbsthilfebüro, das zweifelsohne nicht ohne den Segen seiner Oberbürgermeisterin schalten und walten kann - ja, wahrscheinlich von ihr mit sehr wohlwollenden Blicken betrachtet und gefördert wird. Die Eigendefinition besagten Selbsthilfebüros lautet:

»Grundsätzliches Ziel unserer Arbeit ist, den Aufbau eines selbsthilfefreundlichen Klimas in Würzburg zu fördern und die Eigenverantwortlichkeit und das Eigenengagement der Menschen zu stärken. Dadurch steht der Mensch stets im Mittelpunkt unserer Arbeit.«

Betteln mag vielleicht (noch) sozial unwertig sein, aber es ist zweifelsohne ein Akt der Selbsthilfe. (Auch wenn Bgm Marion Schäfer der entschiedenen Meinung ist, daß die L'Art pour L'Art-Initiative BeNarO nicht unter die klassische Definition »Selbsthilfegruppe« fallen würde. Obwohl sie es allein schon auf der Handlungsebene natürlich doch ist.) Da Kunst und Wissenschaft subventionsbedürftige Güter sind - man könnte auch sagen: »Sozialfälle« -, müssen Künstler und Wissenschaftler bei Ausfall dieser Subventionen wie andere Bedürftige betteln gehen - auch wenn es in diesem Falle vornehmer genannt wird. Wir Bettelnärrinen nennen das Kind allerdings beim Namen und haben diesem »Kind« langer franziskanischer Tradition ein Maskottchen an die Seite gestellt: Die Bettelschnecke »Beggie«, die jeder adoptieren kann, der diejenige Kunst und Kultur unterstützen will, die »von Haus aus alles in allem sieht«.

a) Wir fordern Sie, Frau Dr. Beckmann, auf, ein Zeichen für die Unterstützung der Selbsthilfe auch im Bereich Kunst und Kultur zu setzen und für die Stadt Würzburg eine Bettelschnecke zu adoptieren.
b) Im weiteren bitten wir um Ihre Unterstützung bei der Vermittlung von »Beggies« an geeignete, vor allem finanzkräftige Adoptiveltern. (Wie wäre es bsw. mit einer strohklugen, heureichen und ganz und gar christkindlichen Empfehlung an den gesamten Stadtrat - in einer Sitzung kurz vor dem Fest der Liebe?)
c) Letztere Empfehlung könnten wir allerdings gerne auch selbst formulieren und vortragen. Sie müssen uns dazu nur eine klitzekleine Ausnahmegenehmigung für das bürokratisch langwierige Entrée in den Stadtrat verschaffen. Vergeld's Gott!




Mit so stadtratikalen wie stadtratzahmen Grüßen



Heike Pauline Grauf
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT






HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT ( & NACH WIE VOR KULTURSCHÜTZERIN)




Herrn
Dr. Roland Flade
Main-Post
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theater ensemble Würzburg
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Unser Gespräch mit Herrn Kriener, heute, gegen 15.30 Uhr

BEGSTAGE - Die Kunst im Bettelstaat
Ein närrisch-ernstes Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden« mit Unterstützung von theater ensemble Würzburg, Künstler-Initiative Salon 77 e.V., KS Moderne KuLtur, ATV-Kurs Innovatives Managementtraining, Die QuerdenkerInnen, Die Rotstifte, Die Singvögel, Felix-Helix-Projekt, Folkmanis Puppets, Menschen für Tierrechte e.V., attac, ver.di, Kessener Business & Kontakt, Museum im Kulturspeicher, Berufsverband Bildender Künstler (BBK), diametric Verlag, Rudolf-Alexander-Schröder-Haus (RAS), Sprecherrat der Uni Würzburg, Dachverband Freier Würzburger Kulturträger (DFWK), Bürgermahlzeit, Soziales Bündnis u.a.

Beg-in-Aktionswoche: 23. - 29.August 2004

                                                                                              Würzburg, den 31.08.04


Sehr geehrter Herr Dr. Flade,


anschließend an obiges Gespräch, das meine Projektpartnerin Esme Koslitz und ich vorhin mit Herrn Kriener geführt haben, hat er Ihnen eine handschriftliche Richtigstellung mit Zusicherung des Abdrucks in die Berner Straße gefaxt, die ich Ihnen anbei zur Verhütung weiterer Mißverständnisse noch einmal maschinengeschrieben übersende. Er überließ es dabei Ihrer Entscheidung, ob der folgende Text als Leserbrief erscheinen oder als quasi-redaktioneller Beitrag an ein freies Plätzchen eingeschoben wird.


Mit freundlichen Grüßen



Heike Pauline Grauf M.A.
BEGSTAGE
Telefon: 0931 / 250 90 281






Richtigstellung


Zur Kommentierung der BEGSTAGE-Performance »Des Künstlers neue Kleider« am 28.08.04 in der Main-Post legen wir Wert auf folgende Richtigstellung:

Der Verfasser der Kolumne »Nackig im Sommerloch« war offensichtlich bei der Entkleidungs-Szene vor der Marienkapelle nicht persönlich zugegen. Es wurde dort kein Striptease dargeboten, der irgendwelche individuellen Schönheitsideale bedienen wollte, sondern ein Akt der Vergewaltigung gezeigt. Das Künstler-Subjekt (dessen Geschlecht rein zufällig weiblich war) wurde vom Staat seines Kleides beraubt, wobei durch eine Collage mit Texten aus der Genesis und der Franziskus-Biographie der Sündenfall und die Erschaffung des Menschen in einen völlig neuen Sinnzusammenhang aufgingen. Tiefergehende Erläuterungen in Kürze unter www. fool-time.net /Begstage/ Gegendarstellung.


Heike Pauline Grauf










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
EXISTENZGRÜNDUNGSWILLIGE TILLIONÄRIN




Offener Brief
an
das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit
11019 Berlin


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Antrag auf Erhebung einer »sozial unwertigen« und keine Einkunftsart darstellenden Tätigkeit in den Berufsstand bzw. Antrag auf Rehabilitierung eines historischen Berufsstandes

Existenzielle Fragen zu einem innovativen Existenzgründungsprojekt

In Kopie an die Bundesagentur für Arbeit und den Zentralverband des deutschen Handwerks sowie an VertreterInnen der Presse (dpa, Main-Post, Volksblatt, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Stern, Die Zeit, taz, ver.di public...)

                                                                                                   21.06.2004

Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit!

Bea, die »Glückliche«, heißt die virtuelle Führerin durch die mal klick- mal frage-resistente Homepage der ehemaligen Bundesanstalt für Arbeit, die ich unglückliche Erwerbslose vor einiger Zeit zum wiederholten Male vergeblich besuchte, um zu sehen, was die neue arbeitsagentur.de für mich denn so alles tun kann, wenn ich auf das Bildchen der Glücklichen klicke. Ich heiße nicht Bea, aber wenn Sie hier am Ende nicken statt hübsch zu blicken, dann zeige ich Ihnen, was eine schnöde Arbeitslose mit dem Erbe Tills für Sie und den deutschen Staat so alles tun kann.

Da ich zwar noch nicht das Prädikat der »glücklichen Arbeitslosigkeit« für mich in Geltung bringen kann, wie Mila Zoufall und Guillaume Paoli postulieren, aber ein sehr altruistisch und sozial denkender Mensch bin, kann auch ich es vor meinem Gewissen nicht verantworten, anderen Mitgliedern unserer Solidargemeinschaft die immer drastischer eingesparte »Mangelware Arbeit« aus egoistischen Motiven wegzunehmen. Und ein Ende der Einsparungen von Human-Kapital ist im derzeitigen Turbo-Finanz-Kapitalismus nicht abzusehen. Da müssen Sie mir doch sicher rechtgeben, oder?

Mein Lösungsweg aus der Misere ist allerdings ein anderer als der, den die Verfasser der »Manifeste der Glücklichen Arbeitslosen« beschreiten. Zumal das Hartz-Konzept, das sich schon in der Umsetzungsphase befindet, ganz eindeutig beweist, daß nicht etwa die Arbeitslosigkeit abgeschafft werden soll, sondern vielmehr die Arbeitslosen.

Warum eigentlich? Geld in Hülle und Fülle ist doch da; es sitzt nur an der falschen Stelle. Und es war doch schon lange dringend nötig, daß endlich einige mal einfach so herumsitzen und nichts tun außer denken - wie bsw. Zoufall und Paoli, oder auch viele andere sogenannte »Arbeitslose«. Auf diese Weise können sie nämlich - ist das nicht genial? - keine Fehlentscheidungen treffen, keine fremdgesteuerte Reden schwingen, keine Kriege führen oder weiter Raubbau an unserem ausgebeuteten Planeten treiben. Ich höre ein großes Aufatmen, das durch die ganze Welt geht. Hören Sie es auch? Die Welt braucht keine Wichtig-Tuer mehr. Heutzutage kann man wirklich froh sein, wenn jemand einfach gar nichts tut, denn in 99,9 Prozent ist es das Falsche. Und es müssen im Grunde - und zwar so schnell wie möglich - immer mehr werden, die erst mal gar nichts tun, denn die meisten, die in Brot und Lohn stehen, wissen gar nicht oder wollen es nicht wissen, daß sie für die Rüstungsindustrie, für den Raubbau und für die Fehlentscheidung arbeiten.

Nach langem Nachdenken im Nichts-tun - im Nichts-für-die-Weiterproduktion-des-Wahnsinns-tun - habe ich einen Weg gefunden, der es mir erlauben soll, gleichzeitig nichts zu tun und doch etwas zu tun. Und zwar etwas sehr Entscheidendes. Nennen wir es in einem ersten Arbeits(!)titel: Die sanfte Umverteilung.

Zur Realisierung dieser wahrhaft alchimistischen Kunst habe ich die Entscheidung getroffen, einen neuen Berufsstand zu entwickeln - oder vielmehr einen alten, vergessenen in schöpferischer Fortentwicklung wieder zurück ins Leben zu berufen:

Ich gehe hiermit im wahrsten Sinne des Wortes das Wagnis ein, eine Existenzgründerin zu sein und möchte infolgedessen mit diesem Schreiben den Antrag stellen, in den Status einer staatlich geförderten Vollzeit-Bettlerin aufsteigen zu dürfen.

Zumindest langfristig - und, nebenbei, auch, wenn Sie es für noch so verrückt halten. Vor der Gründung des damit verbundenen Bettel n a r r e n ordens - der sowohl die Verrücktheit rechtfertigen als auch das christliche Modell des Bettelmönches auf eine neue Seinsstufe heben wird - möchte ich allerdings - quasi als Überbrückungsphase - zunächst Geringfügigkeits-Betteln bzw. 165-Euro-Betteln betreiben, um mich dann schrittweise erst zum Teilzeit- und schließlich Vollzeitbetteln vorzutasten. Das Betteln als Ich-AG lehne ich kategorisch ab. Über Betteln in Selbstständigkeit (vor der Gründung oben genannten Ordens) lasse ich mit mir reden.

Sie, hochverehrte Herren und Damen, vermutlich allerdings - zumindest im Status quo - noch nicht.

Denn, nach meinen bisherigen Recherchen beim Gewerbeamt, beim Büro für Bürgerhilfe und beim Finanzamt Würzburg ist das Betteln nach heutigem Staatsempfinden und heutiger Gesetzeslage offensichtlich weder Arbeit noch Gewerbe in irgendeinem Sinne, sondern eine »sozial unwertige« Tätigkeit, die keine der sieben möglichen Einkunftsarten darstellt. Nach Auskunft von Herrn Arne Kornberger aus dem Büro für Bürgerhilfe Würzburg ist Betteln - auf die Frage, was es denn dann sei - sogar schlicht und ergreifend: »Nichts«.

Dieses »Nichts«, von Richtern »gesellschaftliche Erscheinung« getauft, ist nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg (VGH Mannheim 1998-07-06, 1 S 2630/97) »auf öffentlichen Straßen und Plätzen« immerhin »grundsätzlich erlaubt«. Zumindest sofern sich dieses Nichts nicht in aggressiver Weise äußert, denn dann liegt u.U. eine Störung der öffentlichen Ordnung vor.

Soweit die Auskunft Ihrer Vasallen, sehr gehrte Damen und Herren des Bundesministeriums für Wirschaft und Arbeit, die ich in aller Form von oberster Stelle zu korrigieren bitte, falls sich da irgendwelche Mißverständnisse oder Fehlinterpretationen eingeschlichen haben sollten.

Im Zuge der allgemeinen Sparmaßnahmen haben meine Protokollantin und ich es uns bislang noch erspart, das Sozialamt und die örtliche Arbeitsagentur nach ihrer Definition des Bettelns zu befragen, denn wir befürchten, daß auch dabei nicht viel mehr als »Nichts« heraus kommen wird. Andererseits hoffen wir natürlich sehr, daß bei einer Befragung von Sozialamt und Arbeitsagentur nicht widersprüchlicherweise am Ende »Etwas« herauskäme, denn das wäre wirklich ein Skandal.

Es könnte nicht angehen, daß nach Definition des Finanzamtes Betteln keine Einkunftsart darstellt, nach Definition der Arbeitsagentur und des Sozialamtes aber schon.

Und darum stelle ich hiermit den Antrag, all diese nebulösen, vagen und verworrenen Dinge von oberster Stelle juristisch und definitorisch abzuklären, um mir danach Rede und Antwort auf folgende Fragen stehen zu können:

  1. Was genau muß ich tun, um zukünftig das Betteln als ehrbares Gewerbe zu betreiben?

  2. Wer hat die Definition »sozial unwertig« festgelegt und wie kann sie wieder abgeschafft werden?

  3. Was passiert in der Übergangszeit, bevor das Betteln - oder eine bestimmte, noch genau festzulegende, sozialverträgliche Art des Bettelns - staatlich gefördert oder zumindest gesellschaftlich anerkannt wird?

  4. Da das Betteln gegenwärtig keine der 7 möglichen Einkunftsarten darstellt, ist es meiner Ansicht nach unzulässig, seitens Arbeitsagentur oder Sozialamt von erbettelten Beträgen irgendetwas abzuziehen. Ist dies korrekt?

  5. Ist es möglich, schon vor dem Ende der Abklärung aller juristischen und definitorischen Fragen bezüglich Individualbetteln einen Businessplan für mein Existenzgründungsprojekt »Bettelnarrenorden« vorzulegen, und wenn ja, an welcher Stelle?

  6. Für meine langfristige Planung: Ist es wirtschaftlich ratsam oder sogar juristisch notwendig, der Gründung eines »Bettelnarrenordens« die Gründung einer im weitesten Sinne religiösen Sekte vorzuschalten? Für die Beantwortung dieser Frage habe ich mich auch an das Kommissariat der deutschen Bischöfe in Berlin, insbesondere an die Kommission IV Geistliche Berufe und kirchliche Dienste sowie (wegen der örtlichen Nähe) an Weihbischof Helmut Bauer vom Bistum Würzburg gewendet. Ich befürchte allerdings, daß er und seine Kollegen eventuell - wegen potentieller Konkurrenzproblematik (aber wer weiß? vielleicht ist ja eine win/win-Lösung möglich) - die falsche Adresse sein könnten. Gibt es nicht eine unabhängige Sektengründungsberatungsstelle in Deutschland (oder notfalls im Ausland)? Wettbewerbsmäßig würde ich als Sektengründerin jedenfalls ziemlich gut dastehen. Da hab' ich echt eine Marktlücke entdeckt! Eindeutig. Die Bäckereien schießen derzeit an meinem Wunschgründungsort wie Pilze aus dem Boden, die Sekten erstaunlicherweise nicht. Und dabei lebt der Mensch doch nicht vom Brot allein! Es gibt einen Monopolisten, der schon lange nicht mehr in ist, aber eine Menge Zaster hat, der ihn am kümmerlichen Leben hält, und - naja - das UL1. Den Monopolisten könnte ich beerben, den Deschner könnte ich von der falschen UL'2 sicherlich abwerben, zumal man gar nicht weiß, ob er wirklich dabei ist. Und die paar Zeugen Jehovas? Forget it, die ignoriert jeder. Hare Krishna ist lang vorbei, an die Moon-Sekte erinnert sich kaum noch jemand, und um Bhagwan ist es auch recht still geworden. Jau! Die Zeit ist wirklich reif für eine neue Sekte! Und ich schwöre Ihnen - wenn irgend jemand das Zeug zum Sektengründen hat, dann bin ich es: Lesen Sie mein Buch! Und überhaupt... Hat nicht erst neulich beim monatlichen Querdenker-Stammtisch jemand gesagt, der tatsächlich mein Buch gelesen hat: »Wir warten nur noch darauf, daß Du endlich eine Sekte gründest!« Na, dann tu' ich's doch! Und Sie werden mir dabei natürlich helfen. Denn schließlich habe ich nicht nur den Mut zur Selbständigkeit und den Frauen-Bonus, sondern auch noch eine Vision, die man bekanntlich so dringend zum erfolgreichen Existenzgründen braucht. Aber alles immer schön der Reihe nach... Erst mal muß jetzt die Sache mit der Bettelei abgeklärt werden.

Sie sehen, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin voller Elan. Nicht nur darum bitte ich Sie eindringlich, sich mit der Beantwortung meines Fragenkataloges nicht allzu lange Zeit zu lassen, sondern weil die Zeit tatsächlich drängt. Sie wissen ja: Das Hartz-Konzept steht vor der Tür, auch wenn wir's noch nicht glauben können und noch nicht so richtig sehen - und darum muß bis 2005 mein Bettelnarrenorden stehen, zumindest aber wenigstens juristisch hieb- und stichfest meine Vollzeitbettel-Existenz.

Sie, sehr geehrte Damen und Herren des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, sind zwar in allen meinen Fragen die letzte und oberste Entscheidungsinstanz. Dennoch erwarte ich auch von der Bundesagentur für Arbeit und dem Zentralverband des deutschen Handwerks, die diesen Brief an Sie in Kopie erhalten haben, Hilfestellung sowohl für Sie als auch für mich.

Von anderer Seite hat sie schon begonnen: »Adieu, Sozialstaat: Wir können auch anders!«, steht auf der Rückseite eines abflugbereiten Flyers, der gestern fertig geworden ist. Möchten Sie wissen, was auf der Vorderseite steht? Ich verrate es Ihnen:

»Sei (k)ein Narr! Bettelnarrenorden gründen!«

Dieser Flyer wird in Kürze an ausgewählte Zielgruppen in ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgeliefert werden, um eine Existenzgründungsidee zu verbreiten, die so notwendig geworden ist wie Ihr Ministerium überflüssig zu werden droht.

Aber bitte, noch bevor geklärt ist, ob dies überhaupt eine Drohung darstellt - noch drohen Sie ja nicht mit Überfluß, sondern vielmehr mit dem Gegenteil desselben! -, gebe ich Ihnen hiermit die Chance, mich nach allen Regeln Ihrer Kunst vom Gegenteil zu überzeugen.


Mit Münzen zu Tiegeln, Eulen zu Spiegeln und Tillionen zu Trillionen! Vor allem aber: Mit vollem Ernst

                     
                     
Heike Pauline Grauf M.A.
                     
Existenzgründungswillige Tillionärin



1 UL = Universelles Leben (sprich: U-EL)
2 UL' = alte Form von Eule (sprich: U-hl)










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
POTENTIELLE SEKTENGRÜNDERIN ALS ÜBER-ICH-AG

Offener Brief
an das Kommissariat der deutschen Bischöfe in Berlin, Abteilung Grundsatzfragen,
die Kommission IV (Geistliche Berufe und kirchliche Dienste)
sowie Weihbischof Helmut Bauer, Bistum Würzburg
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SPK Mainfranken Würzburg
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BLZ: 790 500 00

»Sei (k)ein NARR! Bettelnarrenorden gründen!«

Anfrage bezüglich der Gründung eines neuen Ordens mit Bitte um Unterstützung durch Vermittlung eines Gründungsortes


In Kopie an VertreterInnen der Presse (dpa, Main-Post, Volksblatt, Süddeutsche Zeitung, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurter Rundschau, Stern, Die Zeit, taz, ver.di public...)

                                                                                
21.06.2004


»Der Narr Gottes überschreitet die konfessionellen Grenzen.«   
Walter Nigg                                  


Hochverehrte Eminenzen,


das Christentum hat vor etwa zweitausend Jahren als kleine Sekte begonnen, die sehr umstritten und angefeindet war. In den Anfängen war es lebensgefährlich, Christ zu sein, heute ist es manchmal nur ein wenig berufsschädigend, kein Christ zu sein. Ja, wie die Zeiten sich doch ändern! Heute ist das Christentum eine große, heterogene religiöse Gemeinschaft, die ihrerseits andere, kleinere Sekten anfeindet und sich - sehe ich das richtig? - nicht mehr gerne als »Sekte« bezeichnen lassen möchte.

Obwohl sie gut daran täte. Denn das Wort »Sekte« gehört aller Wahrscheinlichkeit nach zu dem lateinischen Wort »sequi«, welches, wie Sie als hervorragende Kirchenlateiner alle wissen, »folgen« bedeutet. Wo, frage ich Sie, verehrte Eminenzen, bleibt die hochgerühmte Nachfolge Christi, wenn das Christentum tatsächlich keine »Sekte« mehr ist und auch nicht mehr sein will?!

Jeder, der einem Vorbild nachfolgt, bildet somit eine »Sekte«, und sollte das Recht haben, diese auch gesellschaftlich zu etablieren, sofern er anderen damit keinen Schaden zufügt. Freuen wir uns doch an der Vielfalt und Buntheit der menschlichen Gemeinschaften statt sie obsoleter Verdammung preiszugeben!

Da ich nicht nur einem Vorbild in Wort und Tat nachfolge, sondern in gewisser Weise zweien, habe ich mir also per definitionem die Legitimation zur Sektengründung quasi fast schon doppelt erworben.

Ich beabsichtige nämlich zum ersten eine »Sekte« ursprünglicher Definition zu gründen, die Till Eulenspiegel - dem dreimalgrößten Narren und beispiellos gewitzten Überwinder des Glaubens
1 - nachfolgt, und zum zweiten einen Bettelnarrenorden, der sich Francesco Bernardone von Assisi, dem »Narren Gottes« verpflichtet fühlt, der die Nachfolge Christi vorbildlich ernst nahm. Natürlich sind die Begriffe Sekte und Orden - wie auch die Personen Franziskus und Eulenspiegel - nur die zwei Seiten einer Medaille.

Ich habe mich in dieser Angelegenheit auch schon an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gewendet. Meine zentrale Frage bezüglich des oben genannten Existenzgründungsprojektes war, ob der Gründung eines Ordens zwangsläufig oder geschickterweise die Gründung einer »Sekte« (im weitesten Sinne) vorauszugehen hat.

Vielleicht können Sie, verehrte Eminenzen, uns ja in dieser Problematik weiterhelfen.

Vor allem aber ersuche ich Sie um Hilfe bei der Gründung meines Bettelnarrenordens selbst. Was spricht dagegen? Till Eulenspiegel war bei vielen Pfaffen und hohen geistlichen Herren wohlgelitten - allzumal beim Bischof von Bremen, der ihm sein Pferd kostfrei hielt und einen fetten Ochsen überließ; sogar dem Papst konnte Eulenspiegel erfolgreich versichern, daß er kein Ketzer, sondern ein guter Christenmensch sei. Ganz zu schweigen davon, daß Eulenspiegel gegen Ende seines Lebens in das Kloster von Mariental eintrat, dessen Abt Narren wohl gesonnen war.

Es stünde der Kirche wohl an, einem Bettelnarrenorden in der Tradition des großen Narren ein stilles Örtlein zur Verfügung zu stellen, von dessen meditativer Besinnlichkeit aus die Bettelnärrinnen und Bettelnarren mit so mancher frohen Botschaft in die vita activa auströmen könnten. Was sonst könnte gegen die Erfüllung meiner Bitte sprechen? Die christliche Lehre spricht allemal dafür: Wer sich sogar bemüht, den Feind zu lieben, für den wird es ein Leichtes sein, wenigstens die Konkurrenz zu unterstützen. Dabei ist noch gar nicht sicher, ob ich tatsächlich als Konkurrenz zu sehen bin: Sagen wir doch lieber - Weiterentwicklung.

Mit Armut, Keuschheit und Gehorsam lockt man heute keinen »Hund« mehr hinter dem Ofen hervor. (Vergessen wir nicht, daß sich die Dominikaner selbst »Hunde des Herrn« tauften!) Die Prinzipien »Reichtum, Wollust und Verwegenheit« sind für einen modernen Orden, der vor allem an Wahrhaftigkeit und einfacher Moral orientiert ist, zeitgemäß und sehr human. Darüber hinaus lautet die Maxime des Bettelnarrenordens nicht: beten und arbeiten, sondern: betteln statt arbeiten - und zwar in letzter Instanz bei den begüterten Gesellschaftsgruppen (allerdings nicht mit den Hunden des Herrn, sondern mit den Schnecken von fern!
2): Damit die Umverteilung des akkumulierten Reichtums im neoliberalen Spar-Staat mit der »Mangelware Arbeit« ohne Blutvergießen ratzfatz vonstatten geht. Schließlich speist sich die Gründungsidee auf der exoterischen Seite aus einem entschieden sozialrevolutionären Soll als auch aus einem individualüberlebenstechnischen Muß.

Die christliche Kirche hat wirklich allen Grund, neue Wege zu gehen, wenn sie nicht untergehen oder neue Spaltungen evozieren will - wie zuletzt noch im großen Stil bei der eigentlich völlig überflüssigen Formierung der protestantischen Kirche.

Nicht Abspaltung oder Usurpation, sondern Integration und Kooperation sind die Schlagworte des neuen Zeitalters.

Wer aber kann dies leisten? Till Eulenspiegel, der Erznarr, vom Landgrafen in Marburg nach seinem Beruf gefragt, gab zur Antwort: »Gnädiger Herr, ich bin ein Künstler«.

Wenn Gott - der Schöpfer aus dem Nichts, für das der Narr symbolisch steht - den Menschen tatsächlich nach seinem Bilde geschaffen hat, wie die christliche Religion lehrt, so ist jeder Mensch im Tiefsten Künstler.

Die logische Folge wäre, daß der Priester - der Vermittler zwischen Gott und den Menschen - in der christlich geprägten Welt eigentlich kein gehorsamer Befehlsempfänger, sondern immer schon ein vorbildlicher Künstler gewesen sein müßte.

Doch die unselige Allianz von Christentum und Kapital hat es in jahrhundertelangem Machtstreben schließlich geschafft, daß der Künstler immer mehr zum Bettler verkommen ist.

Nun steht er endlich auf - denn das Maß ist voll! - und hält der Welt den Spiegel vor.

Verehrte Eminenzen - wenn Ihnen irgend etwas an der Schöpfung liegt, dann blicken Sie nicht nur ein bißchen in den Spiegel, sondern halten Sie dem Künstler-Narr beherzt die Stange:

Aber bitte! - vergessen Sie auch nicht die hingehaltene Hinterwange...


In ursprünglich evangelischem (nicht zu verwechseln mit protestantischem) Überschwange

                     
                     Heike Pauline Grauf M.A.
                     
POTENTIELLLE SEKTENGRÜNDERIN ALS ÜBER- ICH AG



1 Siehe: Der dreimalgrößte Eulenspiegel - Eine philosohische Hermetik des Narren im Spiegel des Tarot, Rombach Verlag Freiburg, 1996
2 Anspielung auf BEGGIE, das Schnecken-Maskottchen der Bettelnarren aus San Francisco (!)










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT


An
Pia Beckmann
Oberbürgermeisterin von Würzburg
Rathaus
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Antrag auf Schirmherrschaft für: BEGSTAGE - Die Kunst im Bettelstaat

Ein närrisch-ernstes Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden« mit Unterstützung von theater ensemble Würzburg, Künstler-Initiative Salon 77 e.V., KS Moderne KuLtur, attac, ver.di, Menschen für Tierrechte e.V., Kessener Business & Kontakt, Museum im Kulturspeicher, BBK, Bürgermahlzeit, Folkmanis Puppets und (hoffentlich noch vielen!) anderen...

Beg-in-Aktionswoche: 23. - 29.August 2004

                                                                                      Würzburg, den 13.06.04
Sehr geehrte Frau Beckmann,

wenn es auch vorerst nur Spiel war, so haben Sie doch erfreulicherweise die Zeichen der Zeit erkannt:

Aus festlichem Anlaß standen Sie unlängst im Bettelgewand vor einem nicht ganz waschechten Edmund Stoiber und nahmen einen Armvoll Goldbarren für Ihre finanziell ausgeblutete Stadt in Empfang. Leider sollen die goldgefärbten guten Stücke, wie man munkelte, nur aus Styropor gewesen sein.

Auch wenn Sie sich öffentlich dazu bekannt haben, Kultur und freie Kulturträger der Stadt Würzburg weiterhin unterstützen zu wollen, stellt sich hier doch unwillkürlich die Frage, vor allem an Ihren Ministerpräsidenten: Ist das nicht ein bißchen zuviel Theater?

Betteln ist schön und gut - zumal Sie Ihrem Namen in fränkischer Mundart: »BEGmann« dabei eine bedeutungsvolle Wende geben, aber es sollte schon etwas mehr dabei herumkommen als das Puffermaterial für die Verpackungsindustrie.

Und darum, verehrte Frau Beckmann, bitte ich Sie hiermit feierlich, Ihrem Namen - in der richtigen Betonung! - alle Ehre zu geben und die Schirmherrschaft für das närrisch-ernste Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden«

BEGSTAGE - DIE KUNST IM BETTELSTAAT

mit Unterstützung der oben genannten Organisationen und vielen anderen schon Mitwirkenden und noch Anzuwerbenden zu übernehmen.

Wir sind guter Hoffnung, daß das VIP-Betteln nach unserer Vorstellung auf der »BETTELBÜHNE« mitten in der Stadt - im realen »STADT-THEATER« - reichere Früchte trägt als die knickrige Show von Herrn Pseudo-Stoiber in den heiligen Hallen des Grafeneckart. Aber was rede ich? Sie wollen ja selber gegen den Freistaat klagen.

Mit solidarischen Grüßen

                     
                     Heike Pauline Grauf
                     
BEGSTAGE










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT


An
Herrn Reiner Hartenstein
Kultur-, Schul- und Sportreferent der Stadt Würzburg
Beim Grafeneckart 1
97070 Würzburg

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Antrag auf Unterstützung durch die Stadt Würzburg

BEGSTAGE - Die Kunst im Bettelstaat
Ein närrisch-ernstes Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden« mit Unterstützung von theater ensemble Würzburg, Künstler-Initiative Salon 77 e.V., KS Moderne KuLtur, Die QuerdenkerInnen, attac, ver.di, Menschen für Tierrechte e.V., Kessener Business & Kontakt, Museum im Kulturspeicher, BBK, Bürgermahlzeit, Folkmanis Puppets und
(hoffentlich noch vielen!) anderen...

Beg-in-Aktionswoche: 23. - 29.August 2004

Anlage: Info-Materialien zum Projekt



                                                                     Würzburg, den 13.06.04

Sehr geehrter Herr Hartenstein,

Sie brauchen keine Angst zu haben: Wir wollen in obiger Sache kein Geld von Ihnen - wir wissen, daß die städtischen Kassen leer sind. Und die staatlichen erst recht. Warum schreien eigentlich alle nach Privatisierung? Das Kapital ist es doch schon längst.

Wir wollen also allenfalls ein bißchen Geld von Ihnen - Einen Euro fünfzig oder so, wenn Sie mal zufällig zwischen dem 23. und 29. August an einem Klingelbeutel vorbeikommen, den Ihnen ein Bettelnarr oder eine Bettelnärrin mitten in der Stadt entgegenstreckt.

Da Not erfinderisch macht, wünschen wir uns von unserer Stadt - und zwar viel mehr als Geld -, daß sie uns bei unserem Projekt mit Erfindungsreichtum, Erleichterung bzw. Verkürzung der Arbeitswege in bürokratischen Dingen sowie ihren Köpfen und Händen wohlwollend zur Seite steht und Hilfe zur Selbsthilfe leistet.

Zum Beispiel wäre es ganz toll, wenn Sie dafür sorgen würden, daß im Foyer des Rathauses zur rechten Zeit ein schöner oder auch nur funktionaler Behälter aufgestellt wird, in den die Bettelnarren und Bettelnärrinnen die Spenden aus ihren Klingelbeuteln leeren oder gar schütten könnten.

Für die Aktion »Urbi et Korbi« bräuchten wir einen demonstrativen Platz vor oder hinter dem Rathaus, auf dem am 27.08. 2004 am Ende eines Umzugs eine Korb-Deponie errichtet werden darf: Die Kunst gibt den Korb, den sie in immer fortschreitenderem Maße von der Politik verabreicht bekommt, an die Politik zurück. Es ist der kommunalen Politik unbenommen, diese Korb-Deponie wegen vermeintlicher Nicht-Zuständigkeit dann nach München oder Berlin weiterzuleiten - oder stattdessen zu überlegen, wie man den leeren »Fiskus« (= »Korb«!) vielleicht recyceln könnte.

Hilfreich wäre auch, wenn Sie sich bereit erklären würden, technische Gerätschaften (soweit vorhanden) leihweise bereitzustellen und ggf. ein paar Plakate, Flyer, Programme etc. für uns zu drucken oder durch Ihre Kopierer zu jagen, sobald und sofern unseren anderen Sponsoren die Kapazität ausgehen sollte.

Wirklich klasse und Eins A wäre es natürlich, wenn Sie selbst sich mit dem Sozialreferenten Herrn Dr. Motsch und unserer OB Frau Beckmann zusammentäten, die auch ein Bettel-Brieflein von uns bekommen haben, um sich einen hübschen »Dreier« für unsere Bettelbühne auszudenken. Ich assoziiere da selbstverständlich »Eislauf« - und nicht etwa das andere Wort, das im Duden 8: »Die sinn- und sachverwandten Wörter« steht. (Als Schulmann kennen Sie dieses Buch ja sicher in - und auswendig, und als Sportsmann dürfte auch der Eislauf nicht unbedingt ein Fremdwort für Sie bedeuten!)

Im August ist es so heiß - da fällt es gar nicht auf, wenn man mal mit heißen Eisen herumläuft, zumal, wenn sich in der anderen Hand ein kaltes, völlig legales Himbeereis befindet. Und Betteln in nicht offensiver Form ist auf jeden Fall nicht illegal. Das wissen wir definitiv. Ob es Chancen hat, sich als Beruf zu rehabilitieren, das wird sich zeigen.

Das Sprichwort jedenfalls, lieber Herr Hartenstein, sagt ganz klar: »Wie man sich bettelt, so siegt man.«

Und darum wollen wir die neue deutsche Armut mit Beutel und Stab und dem Motto: Medicus Mendicus! besiegen. Helfen Sie uns doch bitte als heilfroher Schul- und Kulturreferent der Stadt Würzburg mit viel Sportsgeist dabei! Das wäre echt cool.

Mit lehrerbietigen Grüßen von fool zu school

                     
                     Heike Pauline Grauf
                     BEGSTAGE










HEIKE PAULINE GRAUF M.A.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT



An
Herrn Dr. Peter Motsch
Sozialreferent der Stadt Würzburg
Karmelitenstr. 43
97070 Würzburg

theater ensemble Würzburg
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Telefon: 0931 / 4 45 45

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Antrag auf VIP-Betteln

BEGSTAGE - Die Kunst im Bettelstaat
Ein närrisch-ernstes Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden« mit Unterstützung von theater ensemble Würzburg, Künstler-Initiative Salon 77 e.V., KS Moderne KuLtur, Die QuerdenkerInnen, attac, ver.di, Menschen für Tierrechte e.V., Kessener Business & Kontakt, Museum im Kulturspeicher, BBK, Bürgermahlzeit, Folkmanis Puppets und
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Beg-in-Aktionswoche: 23. - 29.August 2004


                                                                 Würzburg, den 13. Juni 2004

Sehr geehrter Herr Dr. Motsch,

am 9. Februar dieses Jahres haben Sie beim Treffen des GEB (Gemeinsamer Elternbeirat) um 20.00 Uhr in der Volkschule Würzburg Stadtmitte im Bechtolsheimer Hof zum Thema:

Betreuungsangebote nach der Schule - Perspektiven der Stadt

vor vielen Zeugen die prophetische Aussage gemacht:

»Ich sehe mich schon auf dem Marktplatz mit dem Klingelbeutel
stehen und betteln!«

Nachdem wir unserer geschätzten Oberbürgermeisterin die Schirmherrschaft zum oben genannten Kunstprojekt rund um's Betteln angetragen haben, dürfen wir sicher die berechtigte Hoffnung hegen, daß Sie unserer Rathaus-Chefin entweder mit gutem Beispiel voraus- oder aber nacheilen werden, damit Ihrer prophetischen Aussage auch in Tat und Wahrheit Genüge getan werde.

Wir bitten Sie hiermit, sich recht bald zu unserem Antrag auf VIP-Betteln via Worterfüllung seitens Ihrer Person zu äußern.

Sollten Sie zu Ihren Worten - ja, mehr noch: zu Ihrer Vision! - stehen, so stehen wir Ihnen bei der Anfertigung Ihres VIP-Bettelnarren-Kostüms in beratender Funktion gerne zur Seite.

Auf daß der MEDICUS MENDICUS - der »Bettler als Arzt« - großes Heil über unseren kranken Staat und unsere kranke Stadt bringen möge, verbleibe ich bis auf Ihre Rückmeldung

mit so bettellateinischen wie betteldeutschen Grüßen

                     
                     Heike Pauline Grauf
                     BEGSTAGE










HEIKE PAULINE GRAUF MA.
KÜNSTLERIN IM BETTELSTAAT




Herrn
Radu Ferendino
IHK Würzburg
Fax: 0931 / 4194333
E-Mail: ferend@wuerzburg.ihk.de

theater ensemble Würzburg
Frankfurter Str. 87
97084 Würzburg
Telefon: 0931 / 4 45 45

Privat:
97080 Würzburg
Steinheilstraße 33
Telefon. 0931 / 250 90 281
E-Mail: HaPeGe@firemail.de

Sehr offener Brief auf Ihr Schreiben vom 07.05.04

BEGSTAGE - Die Kunst im Bettelstaat

Ein närrisch-ernstes Kunstprojekt der L'Art pour l'Art-Initiative »Bettelnarrenorden« mit Unterstützung von theater ensemble Würzburg, Künstler-Initiative Salon 77 e.V., KS Moderne KuLtur, Die QuerdenkerInnen, attac, Menschen für Tierrechte e.V., Kessener Business & Kontakt, JGI, ver.di, Kulturspeicher, Folkmanis Puppets und (hoffentlich noch vielen!) anderen...

Beg-in-Aktionswoche: 23. - 29.August 2004


                                                                           
Würzburg, den 25.05.04


Sehr geehrter Herr Ferendino,

ganz herzlichen Dank für Ihre guten Wünsche, Ihr Interesse und Ihr daraus resultierendes Schreiben mit einer Liste von 23 potentiellen Ansprechpartnern allererster Sahne.

Nachdem Sie mich - wie der verführerische Wolf einst das Rotkäppchen - zu einem Seitenweg inspiriert haben (= Sponsoring), möchte ich jedoch mein eigentliches Anliegen, die Großmutter (= Podiumsdiskussion), nicht aus den Augen verlieren.

Könnten Sie sich nicht vorstellen, neben (derzeit) Prof. Arnold Köpcke-Duttler, Eva -Maria Fabisch-Uthe und Gabriele Nelkenstock im Kulturspeicher auf dem Podium zu sitzen, um über das Betteln als Beruf zu diskutieren? Ihr netter Kollege von der HWK, Herr Klaeger, kann ja leider aus zeitlichen Gründen nicht. Und wir möchten schon auch jemanden auf dem Podium vertreten haben, der im weitesten Sinne irgendetwas mit Gewerbe (»Handel«!) zu tun hat.

Sowohl das Wort »Handel« auch das Wort »Handwerk« gehen auf die indogermanische Wurzel des Wortes »Hand« = Greifern, Fasserin zurück - und das Betteln wird ja unstreitig im ursprünglichen Zustand eben mit der Hand ausgeführt. Da alle anderen Handwerker eher etwas mit der Hand herstellen als es nur zu greifen und zu fassen, ist Betteln etymologisch sogar eigentlich das rechtmäßigste und genuinste Hand-Werk. »Industrie« heißt übrigens nichts anderes als »Fleiß« und »Betriebsamkeit«. Bei »Kammer« wird's schon schwieriger. Das bedeutet nämlich bsw. sowohl »Schlafkammer als auch »öffentliche Kasse«. Ich unterlasse es an dieser Stelle, weitere Schlüsse aus diesem verdächtigen Bedeutungsspektrum zu ziehen. Interessant ist hier vor allem, daß die indogermanische Wurzel von Kasse, *kap-, fast genau das gleiche bedeutet wie die indogermanische Wurzel des Wortes Hand, nämlich: »fassen, packen«.


Zurück an die Ursprünge gebracht, bleibt von dem hochtrabenden Wortungetüm »Industrie- und Handelskammer« nichts anderes übrig als ein Etwas, das fleißig greift und packt. Ein »Pack« scheint so ziemlich alles in diesem Staat zu sein - die Frage ist letztendlich nur, ob eher Bettel- oder eher Diebes-»Pack«. Und wenn ich da so ein großes Etwas wie die IHK vor mir sehe, das offensichtlich, wenn es seiner Wortbedeutung selbst gerecht wird, fleißig greift und packt, muß die Frage schon erlaubt sein, wer all dieses fleißig Gegriffene und Gepackte eigentlich am Ende einkassiert und die »rigorosen Einsparmaßnahmen« initiiert, von denen Sie mir im Tonfall des Bedauerns schreiben. Es ist mir, im übrigen, auch noch nicht so ganz klar, wer an all den finanziellen Einsparungen eigentlich gewinnt. Gibt es da jemanden?

Ich persönlich kann Ihnen ganz klar sagen, lieber Herr Ferendino, an welcher Einsparung ich gewinnen würde. Erlauben Sie mir, daß ich quasi anstelle von Herrn Klaeger, der mich an Sie empfohlen hat, jetzt ein wenig klage und klipp und klar sage:

Ihre Liste, lieber Herr Ferendino, die ist schön und gut und prinzipiell auch Gold wert, aber, offen gestanden, macht sie vor allem eins und das ist - Arbeit. Da diese aber in unserem Staat immer mehr zur Mangelware, sprich auf gut deutsch: unbezahlbar, wird, muß ich sie als verantwortungsvolle Staatsbürgerin kategorisch ablehnen und Sie um die richtige Hilfe anbetteln - nämlich: um Arbeitsersparnis. Oder wollen Sie mich für die Arbeit bezahlen, die mir Ihre Liste macht? Ich bin immerhin erwerbslos. Und Sie wissen ja aus meinen Unterlagen: Ich will so schnell wie möglich in den Stand einer sozial hochwertigen Vollzeit-Bettlerin aufsteigen, und dafür brauche ich keine Listen, sondern allenfalls sehr viel List.

Geben Sie mir also lieber einen Kontakt, einen einzigen (auf dieser Liste oder sonstwo), der mir in unserem Projekt wirklich weiterhilft und nicht ganz so wie Sie sagen wird: »Wegen rigoroser Einsparmaßnahmen« konnten wir mal - früher! - jetzt aber leider, leider... sind die schönen Zeiten - endgültig vorbei.

Das wissen wir doch schon. Wir wissen es ja zur Genüge - an allen Ecken und Enden wird es uns verkündet: Die öffentliche Hand ist leer. Und noch keine Firma ist so privatisiert, daß Gewinne auch Gewinne wären. Verluste sind Gewinne. Da liegt der Hund begraben. Oder war's der Wolf?!

Naja, da wären wir ja wenigstens wieder beim Thema! Wahrscheinlich fühlen Sie sich jetzt von Little Red Writing Hood ein wenig durch den Wolf gedreht, aber wer den hungrigen Hund nach der virtuellen Bratwurst schickt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er ihm auf die Pelle rückt.

Schließlich muß ich ja als fleißige Begging Hood, die dem großen Bruder Robbing Hood auf neuen Schlichen nacheifert, üben, wo sich auch nur der Zipfel einer Gelegenheit dazu bietet. Natürlich werde ich diesen Zipfel nicht anfassen - denn das wäre dann schon wieder aggressives Betteln -, doch darüber reden ist keinesfalls verboten.

Reden wir also darüber.
Hmm - sagte ich das nicht schon einmal zu Ihnen? Ja, ich schätze, es ist wie bei der indischen Karmalehre: Man kann gewisse Dinge aufschieben, aber solange sie nicht gelöst sind, kehren sie immer wieder. Wenn auch vielleicht nicht immer in der gleichen Person.


Mit freundlichen Grüßen - bis zum nächsten Mal?

                    
                    
Heike Pauline Grauf
                    
BEGSTAGE