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Konzept


BEGSTAGE

Theoretisches Konzept der »Bettelbühne« in Form eines Thesenanschlages


These 1

Die Kultur- und Sozialpolitik steht vor dem Aus. Der deutsche Sozialstaat ist mit seiner Kunst am Ende.

These 2

Im Gleichnis könnte man treffend sagen: Die Kunst geht im Bettelstaat am Bettelstab. Aber tut sie es wirklich?

These 3

Nein! Erst wenn die Kunst diese Worte in die Tat umsetzt, wird Heilung erfolgen. (»Wenn du am Bettelstab leidest, kuriere dich mit ihm!«)

These 4

Durch Wiederanknüpfung an die Tradition des einstmals geachteten und heute als sozial unwertig degradierten Berufs »Bettler« wird dem Neoliberalismus gleichzeitig sowohl in den Arsch gekrochen als auch ins Gesicht geschlagen. Das ist die kathartische Ambivalenz der Satire, ihr spezifisches, parodistisches Gebären eines neuen Begriffs: Bei der Realgeburt kriecht ein neugeborener Körper aus der Gebärmutter und wird auf den Hintern geschlagen. Bei der Geburt der Idee sind die Verhältnisse hier witzigerweise umgekehrt. Die Dialektik von Herr und Knecht schlägt mit einem Lacherfolg um.

These 5

Betteln ist nicht länger devot, sondern - wie das Wort Beg-in schon andeutet - eine raffinierte und schillernde Form des Protestes. Darüber hinaus ist es zwischen Stehlen und Borgen die sozialverträglichste Form der Umverteilung.

These 6

Der Narr hat eine hohe Akzeptanz in allen Bevölkerungsschichten. Durch die explizite Einführung der Spielfigur des »Bettelnarren« erwirbt sich die Kunst durch die Tradition der Narrenfreiheit einen viel größeren und subversiveren Handlungsspielraum als bisher.

These 7

Demonstrieren »gegen« wird immer obsoleter und ist eigentlich ein Unding: Interaktives Straßen- und »Stadt«-Theater ist »Demonstrieren« (»Zeigen«) auf einer höheren, stimmigeren und effektiveren Ebene. Es ist ein integratives Zeigen, das involviert und konfrontiert, um den Menschen in seinem Verdrängungsschlaf wachzurütteln, und kein spaltendes »Zeigen auf« Feindbilder. Das Instrument der Demonstration gaukelt ohne tiefe Verwurzelung im außerdemonstrativen Leben die scheinbare Macht der Masse vor und verstärkt kontraproduktiv den Herdentrieb, das politische Theater erweckt das Individuum zu seiner einsamen Eigenverantwortlichkeit.

These 8

Die Kunst, die wie Diogenes und Sokrates auf den Markt geht - in die »Polis« (= Stadt) - wirkt tiefenpolitisch. Das politische Theater im wörtlichen Urverstand ist die große Chance der Zukunft. Durch die Ergreifung und Bewegung nicht der Masse, sondern des Individuums, hat es die Macht, das politische System aus den Angeln zu heben.